Online Shop (z.B. von Gambio) verkaufen – das gibt es zu beachten, so klappt es
Gleich vorweg: Nein, Orange Raven sind keine Experten für Unternehmenskauf oder Verkauf. Wer seinen Onlineshop erfolgreich verkaufen will, sollte auf jeden Fall einen Anwalt ins Boot holen. An der Stelle empfehle ich gerne einen von uns oft konsultierten Anwalt. RA Ingensiep & Team in Chemnitz hat Ahnung von der Materie und berät ordentlich. Absolute Empfehlung.
Dazu sollte man noch seinen Steuerberater oder die Steuerberaterin mit ins Boot holen, damit es nicht teuer wird.
Welche Erfahrung haben wir nun, dass wir hier trotzdem mal einen Blogbeitrag dazu schreiben?
2018 hat Rico Stodolka seinen 2008 gegründete Onlineshop „RS Media“ verkauft. Der Shop war spezialisiert auf Aufkleber vor allem im Tuning- und Motorsportbereich. Cash Cow war ein einfach zu konfigurierender Aufkleber „Rallyeflagge mit Namen“. Damit war der Shop der erste, der das via Konfigurator anbot und entsprechend gut unterwegs. Bei Google übrigens entsprechend in diesen Kategorien Platz 1, was nicht unwesentlich zum Erfolg beigetragen hat.
Darüber hinaus haben wir in unserer beratenden Tätigkeit fürs Marketing schon ein paar Firmenkäufe und -verkäufe mit begleitet.
Kann man einen Onlineshop überhaupt verkaufen?
Die Antwort ist erstmal: Ja. Über Fallstricke zwecks Kundendaten und Steuerzahlungen wird euch ein guter Anwalt aufklären. Hier sei an der Stelle nur kurz angemerkt, dass grundlegend zwischen „Asset Verkauf“ und „Share Deal“ unterschieden wird.
Asset Verkauf bedeutet, dass eure Firma im Prinzip weiter existiert und nur Teile davon (sog. Assets) herausgelöst werden. Beim Share Deal hingegen wird die gesamte Firma so wie sie ist verkauft und findet einen neuen Eigentümer. Beim Verkäufer bleibt nichts zurück.
Ganz pauschal kann man sagen, dass der Share Deal einige steuerliche Vorteile mit sich bringt. Vor allem, wenn man über 55 Jahre ist und sich in Richtung Ruhestand orientiert.
Hier sollte man also auf jeden Fall einen Termin beim Fachanwalt und/oder dem Steuerberater machen, um das für sich beste Verkaufsmodell zu finden.
Was ist mein Shop wert – die wohl wichtigste und schwierigste Frage
Fast alle Fragen bei Facebook und in Foren, die ich bisher gelesen habe, hatten genau das als zentralen Punkt. Zu welchem Preis soll ich meinen Shop überhaupt anbieten?
Dabei ist die Frage gar nicht so schwer.
1.) Der Shop ist am Ende genau das wert, was mindestens eine Person bereit ist dafür zu zahlen. Wie bei jedem Autoverkauf oder eBay Kleinanzeigen Verkauf.
2.) Gefühle und Herzblut bezahlt einem keiner – die haben beim Verkauf (leider) nichts verloren.
Es gibt mehrere Verfahren einen Unternehmenswert zu bestimmen. Die meisten sind aber vor allem für steuerliche Dinge relevant und nicht für Verkaufsverhandlungen.
Bei vielen kleinen, mittleren und größeren Shops dürfte die Bestimmung nach EBIT am sinnvollsten sein. EBIT ist der Gewinn aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern und Sondereffekten. Also der Gewinn vor Steuern.
In der Regel nimmt man das EBIT der letzten 3-5 Jahre im Mittel. Das rechnet man dann auf mehrere Jahre hoch. Auf wie viele Jahre hängt stark von der Branche ab. Eine stabile Branche, die krisenfest ist, landet vermutlich eher bei 5-8 Jahren. Eine Branche die starken Schwankungen unterliegt und kaum wächst eher bei 2-5. Wachstumsbranchen können auch mal bei EBIT 10 – 15 liegen.
Warum ist das EBIT x Jahren ein guter Wert?
Versetzt euch dazu in die Lage des Käufers. Der gibt jetzt eine Summe X Geld aus, um nach einem Zeitraum T diese Summe X + einen Gewinn Y zu haben. Er will also den ROI (Return of Invest) wissen.
Mal ein Beispiel. Hugo Knauf verkauft seinen Onlineshop für 50.000 €. Sein Shop macht EBIT 10.000 € im Schnitt. Heike Henkel kauft den Shop für 50.000 € und betreibt ihn 1:1 weiter wie bisher. Nach 5 Jahren hat sie gerade ihren Kaufpreis wieder rein. Ab dem 6. Jahr macht sie Gewinn.
Bricht der Verkauf nach 2 Jahren ein, ist der ROI weiter hinten. Schafft sie es den Gewinn binnen zwei Jahren auf 15.000 € zu steigern, kommt der ROI eher.
Der Erfahrung nach sind EBIT Werte zwischen 3 und 8 für die meisten Shops absolut realistisch. Mehr als 8 Jahre ist vorwiegend unkalkulierbar, was dann ist. Weniger als 3 Jahre sind in der Regel ein Schnäppchen.
Hinzu kommt auf den EBIT-Verkaufspreis noch das Lager, die sogenannten Vorräte. Diese werden zum Buchwert oder minimal darunter mit verkauft.
Also z.B. EBIT 10.000 x5 = 50.000 € + Lagerbestand von 2000 € = 52.000 € Verkaufspreis. In die Verhandlung geht man mit etwas mehr rein.
Was kann den Kaufpreis senken?
Wie in jeder guten Verhandlung wird der Käufer natürlich versuchen den Preis etwas zu drücken. Bei einem Onlineshop sind typische Möglichkeiten den Preis zu drücken:
- Kosten, die für Updates und Software entstehen (z.B. weil der Shop noch auf einer alten Shopversion läuft)
- Kosten für den Übertrag von Software, Shop, Daten usw. auf ein anderes System (z.B. bei einem Assetverkauf)
- Kosten für Betreuungsagenturen, die ggf. bei einem Eigentümerwechsel neue Verträge verlangen
- Wegfall von Know-how oder der Präsenz des bisherigen Eigentümers, sofern die Marke mit diesem verknüpft ist
Das sind alles Gründe den Kaufpreis etwas zu senken. Beispiel Shopupdate. Es ist klar, dass der Shop in den nächsten Monaten von einer Agentur auf eine neue Version gebracht werden muss. Das sind geschätzte Kosten von 2000 €. Hier darf man gerne mit Kostenvoranschlägen arbeiten. Die will der Käufer entweder vom Kaufpreis abgezogen haben (Verhandlungssache) oder man muss sich, als Verkäufer bereit erklären das ganze, ohne Auswirkung auf den Kaufpreis noch durchzuführen.
Wichtig anzumerken ist aber hier: Das sind keinesfalls Gründe, einen Shop nicht zu kaufen. Wenn euch der Käufer so um die Ecke kommt, ist das entweder Verhandlungstaktik (das Kaufobjekt als möglichst wertlos darstellen) oder Dummheit. In beiden Fällen liegt es natürlich an euch, ob ihr da mitgehen wollt. Das hängt auch davon ab, wie dringend ihr euren Shop verkaufen wollt.
Wo finde ich Käufer?
Die Frage ist schlicht viel schwieriger als die Kaufpreisfrage.
Erste Quelle sollte die eigene Konkurrenz sein. Sicher muss man nicht den anderen anschreiben, mit dem man eh nicht gut unterwegs ist. Aber man kann ja auch Google bemühen. Einen gut laufenden Onlineshop mit gutem Ranking und sinnvollen Marketing zu kaufen ist oft eine einfache Möglichkeit zu wachsen.
Schreibt daher eure direkten Konkurrenten per Mail an. Auf keinen Fall anonym anschreiben. Entweder ganz offen von der eigenen Mail und die Karten auf den Tisch legen oder, wenn ihr nicht gleich die Karten ausspielen wollt, lasst das einen Anwalt übernehmen. Das wirkt alles seriöser als eine unbekannte E-Mail, die irgendeinen Shop anbieten.
Die nächste Quelle sind Läden in der Umgebung, die in der gleichen Branche sind. Vielleicht hat da gerade jemand Interesse sich online aufzustellen und wäre dankbar, wenn er direkt einen laufenden Shop übernehmen kann? Hier gilt das Gleiche mit der Kontaktaufnahme.
Ebenfalls als Quelle kann man Facebook und andere Social Networks wie Xing nennen. Da gibt es direkt Gruppen, wo man seine Firmen anbieten kann. Aber Vorsicht…da sind auch viele Idioten unterwegs. 85 % dessen, was dann kommt, ist Schwachsinn.
Darüber hinaus sollte man seine Absicht im Freundes- und Bekanntenkreis breit streuen. So wurde übrigens RS Media verkauft. Ein Freund, der einen Kumpel hatte, der Unternehmensberater ist und zufällig einen Mandaten hatte, der sich gerade selbstständig machen wollte. Nach wenigen Wochen saß man am Tisch und war sich schnell einig.
Keine falsche Scham
Wichtig ist, dass ihr dabei nicht zurückhaltend seid, außer es gibt einen wichtigen Grund dafür. Ein wichtiger Grund könnte sein, dass man Mitarbeiter hat, die man nicht verunsichern will. Wobei auch da kann man überlegen mit offenen Karten zu spielen. Vielleicht will ja einer der Mitarbeiter den Shop gern kaufen?
Die Angst, dass die Kunden wegbleiben ist in der Regel eher unbegründet (Gibt natürlich Ausnahmen). Den meisten Kunden ist das egal und sie bekommen, besonders beim Onlineshop, von dem ganzen Prozess gar nichts mit. Wichtig ist, dass man die Fühler in alle Richtungen ausstreckt.
Noch was Wichtiges – JA: Alles sortieren
Als letzte Anmerkung noch ein wichtiger Punkt, der gern unterschätzt wird. Auch in Verkaufsgesprächen zählt ein guter Eindruck. Habe ich einen guten Eindruck vom Verkäufer, weil der zuverlässig, freundlich und gut sortiert ist, bin ich eher geneigt etwas mehr zu zahlen, als wenn das ein Chaot ist, der mit einer Schachtel voller Einzelzettel kommt.
Sortiert also vor den ersten Kontaktaufnahmen eurer Zeug. Besonders die Unternehmenszahlen (egal ob vom Steuerberater, die BWA oder die internen Umsatzzahlen aus dem Shop), die Produkte, die man führt und die eigene Firmenphilosophie sind garantiert Thema. Wenn man da schnell alles zur Hand hat, wirkt das deutlich besser als wenn man erst sucht oder auf später vertrösten muss.
Deswegen: Vorher hinsetzen, alles sortieren.
Rico ist Gründer und Inhaber von Orange Raven. Er ist seit über 10 Jahren als Marketing Experte (Studium Uni) speziell für Gambio und WordPress unterwegs.